Aus
Alfred
Richard Meyer,
„Der große Munkepunke“,
1924 bei Hoffmann und Campe
Hamburg/Berlin
Visitenkarte
Seinem Weibe walkt der Mann die Hucke dicke.
Nur aus Liebe tut’s der ehrliche Halunke,
Nur aus Liba harft der Dichter Munkepunke.
Bollen, Nutten,
Pflaumen, Chaiselongue-Hasen, Herzoginnen,
Ihr pendelt selig zwischen Schramm, Grünau, Treptow,
Hasenheide, Südende, Schmargendorf, Schlachtensee.
Ob ihr daneben in irgendeinem Groh-Geschäft
Holländer Käse aufschneidet
Mit euren Fingern, die manchmal gerade so aussehen,
Wie wenn euch ein Gott Aschinger-Würste
(ohne Kartoffelsalat) an die Handwurzelknochen hing,
Ob ihr mit Schampunieren, Ondulieren,
Modellstehn, Plätteisen, Kindern Näschen- oder Popochen-Abwischen
Eurer schnuckligen Leiber Nahrung
und Notdurft bestreitet
Oder studentliche, referendarliche, offizierliche,
konfektionliche Unterstützung
Der Sonne dreiviertel Tagesleuchten verpennen dürft, - Munkepunke
liebt euch alle,
Munkepunkes Verse sind euch zugeeignet,
Empfangt sie inbrünstiglich wie
das
„Bitte w-o-i-t-e-r!“ von Nante
Gruske!
Doch heut’ – wo bist du Nante, Nante, Nante?
Bist du wo in dem ekelhaften Krieg geblieben?
Nicht mitzuhassen sind w i r da – nein: mitzulieben! Bitte w-o-i-t-e-r!
Meine Kegelbahn
Wohin man fingert, kriegt man pralle Kugeln in die Hände.
Lang, länger, schmäler, schmal streckt sich das Bett als Kegelbahn
In prächtiger Parade steht der Kegelkönig,
Als ersten ihn zu Fall zu bringen, geht das Spiel?
Ein kühner Wurf in’s Volle. Neun
wird mir zur heiligen Zahl.
Neun Fälle. Und als zehnter kommst du selbst auch noch dazu.
Vom Kegelkönig letzten Endes ganz zu schweigen.
Er kann noch froh sein, Bürger unsrer veilchenblauen Republik
zu bleiben.
Die Kegelbuben (deine Finger) grinsen schadenfroh und pfeifen
auf das Trinkgeld.
Die
Macht der Liebe
Als Vorstehhündchen liege ich am Vorgebirge deiner Leberflecke,
Zähle die Kuppen,
Vergleiche die Höhen,
Denk mir so, was aus dem braunen Dickicht dieser Wälder brechen
könnte;
Sage mir: der nächste weg von einem Punkt zum andern ist die
gerade Linie;
Entdecke ein Sternbild,
Drücke auf die Knöpfe wie auf eine kleine Telefon-Kommode,
Vermittle Anschluss mit was weiß ich für geheimnisvollen Zentren;
Zieh’ die Knöpfe wieder raus und trete unsichtbare Bälge,
Das Harmonium deines Leibes zum Orchester-Forte und Fortissimo
zu bringen.
Und da wird’s natürlich immer wieder mal: Die Macht der Liebe.
Lieba
Und dabei schloß ich nicht wie die
anderen Menschen verzückt die leuchtenden Augen.
Im Gegenteil, die Neugier hielt wie ein Streichholz die Lider
mir weit auseinander,
Daß ich in
Andacht erzitternd in die purpurne Höhle deiner Nase trat,
Ganz warm gebadet vom Licht wie in der Dunkelkammer mich wähnte
Und heißer diesen Gedanken in mir sich entwickeln fühlte:
Farbe, um die ich tausend der Nächte meinem Schlaf unterschlug,
Farbe, um die ich unselig taumelnd durch steinerne Straßen
und blühende Wälder ging,
Farbe, für das Vorsatzpapier meiner Luxusausgaben endlich
gefunden!
Rot, das ich einst in Rosen und in Freudenhaus-Laternen vergeblich
suchte,
Auf Säbelmensuren, in bunten Bars, die verschiedensten Schnäpse
mischend,
Aus der Skala der Sonnenunter- und Sonnenaufgänge (Rigi, Pilatus,
Schneekoppe, Brocken)
wollüstig klauen wollte –
Als Vorsatz meiner Luxusausgaben – endlich gefunden!
Und aus der Form deiner Nasenlöcher lasse ich mir
Holzstempel für die Marmorkleisterpapiere schneiden.
Siebenter Himmel! Gebrauchsmusterschutz! Cito Citissimo!
Heut noch schreibe ich an das Patentamt.
A.R.M. Der große Munkepunke- 1924
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